Der ESV Wolfenbüttelfeierte am Samstag, den 10. August 2024 seinen 75. Vereinsgeburtstag – etwas vorgezogen nicht erst am 14. Oktober, weil es sich einfach anbot, das schöne Sommerwetter zu nutzen, statt bei kühlem herbstlichem Wetter den Regenschirm rausholen zu müssen.
Der ESV Wolfenbüttel 1949 e.V. gehört mit seinen knapp 560 Mitgliedern zu den größeren Vereinen in Stadt und Landkreis. Er hat sich schon immer dem Breitensport verschrieben – Sport soll in erster Linie Spaß machen und der Gesundheit dienen. Leistung schadet allerdings auch nicht.
Im Kontext des Gründungsjahres 1949 ist es bemerkenswert, wie die Gründung die allgemeine und die regionale Geschichte der Nachkriegszeit widerspiegelt: Berlin wird abgeschottet und die NATO gegründet, das Grundgesetz wird verabschiedet und der erste Bundestag konstituiert sich, Konrad Adenauer wird zum ersten Bundeskanzler gewählt. Es ist eine Zeit des Aufbruchs, aber die persönliche Lebenssituation so manchen Wolfenbüttelers ist noch von starken beruflichen und wirtschaftlichen Unsicherheiten geprägt.
In dieser Zeit hatten 26 Eisenbahner den Mut, einen Sportverein zu gründen. Am 14. Oktober 1949 trafen sie sich in der ehemaligen Gaststätte Ostermann am Schloßplatz – es ist das offizielle Gründungsdatum des „Rasensportvereins Wolfenbüttel“. Im Namenskürzel „RSV“ hat für manchen der alte Begriff “Reichsbahn” noch nachgeklungen – was für die Eisenbahner im Jahr 1949, 4 Jahre nach dem 2. Weltkrieg, noch eine durchaus verständliche Assoziation war.
Zwar hatten die Gründungsmitglieder wohl in erster Linie an Fußball gedacht – der Name spiegelt das eindeutig wider – doch sah die im November 1950 beim Amtsgericht vorliegende Vereinssatzung bereits weitere Sportarten vor: Handball, Leichtathletik, “Sommerspiele”, Gymnastik, Faustball, Wandern, Kegeln und Tischtennis.
Ab 1950/51 ging es in der ersten Punktspielsaison für den RSV mit zwei Herrenmannschaften los – allerdings verfügte der RSV noch nicht über einen eigenen Platz. Der MTV Wolfenbüttel (auf dem Hartplatz des WSV) und BV Germania Wolfenbüttel (auf dem Sportgelände am Waldhaus) gewährten in guter Sportkameradschaft Unterschlupf auf ihren Plätzen.
Die erste neue Sportart war Tischtennis – gespielt wurde mit sehr gutem Erfolg in einer Baracke an der Halchterschen Straße. Als diese 1952 abgebrochen wurde, gingen die Trainingsmöglichkeiten verloren und die Abteilung wurde für einige Jahre aufgelöst.
Eine eigene Kegelabteilung wurde zu der Zeit ins Leben gerufen – auf Asphalt und Bohle wurden gute Erfolge erzielt, aber wegen fehlender Kegelbahnen erfolgte bald die Einstellung des Spielbetriebes.
Trotz der Anfangsschwierigkeiten vervielfachte sich die Anzahl der Mitglieder bereits nach einem Jahr auf 112 Mitglieder – davon waren 71 Eisenbahner. Und 2 Jahre nach der Gründung hatte Wolfenbüttels jüngster Sportverein bereits 240 Mitglieder – und nur noch die Hälfte waren Eisenbahner. Stand doch nach Satzung die Mitgliedschaft “für jedermann offen, der unbescholten ist und verspricht, ein guter Sportkamerad zu werden, ganz gleich, welchen Beruf er hat oder wo er beschäftigt ist”.
Der Wunsch nach einer eigenen Sportanlage war von Anfang da.
Glücklicherweise hatte die Bundesbahndirektion Hannover im Jahr 1950 das Brachgelände zwischen den Gleisanlagen des Güterbahnhofes an der Halchterschen Straße und dem schon aufgeschütteten, aber noch nicht mit einer Fahrbahn versehenen Damm der späteren Bundesstraße 4, erworben. Anstelle von ursprünglich geplanten „Dauerkleingärten“ konnte der RSV auf diesem Grundstück mit 36.000m² das heutige Okerstadion errichten.
Mit den Bauarbeiten für den Hartplatz ging es im Herbst 1950 los, er wurde dann im Mai 1951 eröffnet.
Der A-Platz nebst Sportheim und Tribünen wurde danach in Eigenleistung durch die RSV-Vereinsmitglieder erstellt – zu der Zeit bei einer 48-Stunden-Woche an 6 Arbeitstagen eine bemerkenswerte Leistung.
Am 24. November 1953 konnte dann das Sportheim seiner Bestimmung übergeben werden. Aber erst im Jahr 1956 wurde der A-Platz fertiggestellt – er beschäftigte noch jahrelang die Gerichte, da ein Bauunternehmen nicht die geforderte Drainage für den Platz eingebaut hatte.
An Pfingsten 1956 war es dann so weit: zur Eröffnung der neuen Sportanlage Okerstadion fanden hochrangige Sportveranstaltungen statt. Auf ein Nationales Leichtathletik-Sportfest am Pfingstsonntag, dem 20. Mai 1955, folgte am Pfingstmontag ein legendäres Fußballspiel: der amtierende Deutsche Meister Rot-Weiß Essen, u.a. mit dem Weltmeister Helmut Rahn, traf auf Eintracht Braunschweig.
Am 27.1.1961 beschloss die Mitgliederversammlung die Umbenennung des Vereins – von da an war der RSV Geschichte und er hieß jetzt: ESV Eisenbahner Sportverein von 1949 e.V.
Ab 1962 übernahm die Stadt Wolfenbüttel die Sportanlagen, da der Unterhalt den ESV und die mit ihm kooperierenden Vereine überforderte.
Im Jahr 1972 konnte das Flutlicht für den B-Platz aus eigenen Mitteln realisiert werden.
Die sportliche Betätigung erfolgte in verschiedenen Sparten, von denen einige mittlerweile nicht mehr ausgeübt werden: in den Anfangsjahren Kegeln auf Bohle und Asphalt, 1962 erfolgte die Aufnahme des „Wolfenbütteler Billard-Clubs“ von 1950 – die Billardtische wurden 2012 nach langen Jahren der Nichtnutzung abgebaut; Faustball wurde von 1974 bis 1990 gespielt, ebenso gab es eine Zeitlang aktive Volleyballspieler; und die Leichtathletik gab ein kurzes Gastspiel. Leider wird auch Damenfußball seit einigen Jahren nicht mehr betrieben.
Aber mit regem Zuspruch können sich Sportinteressierte in den folgenden Sportarten ausleben:
Natürlich seit Anbeginn ist Fußball und Tischtennis im Angebot. Eine erfolgreich wachsende Tennisabteilung mit einer eigenen Tennisanlage wurde 1974 gegründet.
Seit April 1979 gibt es die Damengymnastikabteilung und seit Februar 1988 eine Wanderabteilung.
Das Bogenschießen wird seit 2002 in einer eigenen Abteilung betrieben.
Seit Sommer 2012 spielen die Wulferis Fighters im ESV Wolfenbüttel 1949 e.V. Steel-Darts im Vereinsheim und seit 2013 gibt es den Gesundheitssport, der anfangs nur von Männern, mittlerweile aber auch von den ersten Damen, regelmäßig ausgeübt wird. Neuestes Kind der ESV-Familie ist seit diesem Jahr Walking Football.
Das Jubiläum feierten die ESV-Mitglieder mit ihren Ehrengästen am Samstag, den 10. August 2024 mit Musik von „Skyline 2000“ und Tanz als „Open-Air“ im Okerstadion: auf der Wiese zwischen B-Gebäude und Hartplatz waren große Zelte mit Tischen und Bänken und die große FLEWO-Bühne aufgebaut.
Piske’s Grill vom Markt und der ESV-Bierwagen standen für die Gäste bereit und die Musiker von Skyline 2000 aus Börßum animierten die ESV-Mitglieder zum Tanz.
Doch zuvor – nach einer kurzen Einleitung durch den 1. Vorsitzenden des ESV Wolfenbüttel, Rüdiger Jaernecke – wurden 10 neue Ehrenmitglieder ernannt, die alle mindestens 50 Jahre Mitgliedschaft im ESV vorweisen konnten:
Siegfried Rammler, 50 Jahre im ESV, Mitglied seit dem 13.5.1974
Axel Wagener, 50 Jahre im ESV, Mitglied seit dem 1.5.1974
Rainer Schaefer, 51 Jahre im ESV, Mitglied seit dem 3.4.1973
Wolfgang Beyersdorff, 52 Jahre im ESV, Mitglied seit dem 12.8.1972
Ottokar Schumann, 54 Jahre im ESV, Mitglied seit dem 17.2.1970
Udo Dankemeier, 57 Jahre im ESV, Mitglied seit dem 1.11.1967
Günter Riecke, 59 Jahre im ESV, Mitglied seit dem 12.6.1965
Hans Almstedt, 60 Jahre im ESV, Mitglied seit dem 1.6.1964
Dieter Franke, 70 Jahre im ESV, Mitglied seit dem 5.6.1954
Alfons Tillner, 74 Jahre im ESV, Mitglied seit dem 6.4.1950
Anschließend konnte Rüdiger Jaernecke über die positiven Entwicklungen in allen Abteilungen berichten: mit knapp 560 Mitgliedern steht der Verein mit seinen 8 Abteilungen gut da. Mit Unterstützung der Stadt Wolfenbüttel und des Assefonds konnte auf der Vereinsanlage in den letzten Jahren einiges modernisiert bzw. neu erstellt werden.
Die von der Stadt bereits für das Jahr 2023 zugesagte Errichtung eines modernen Kunstrasenplatzes anstelle des in die Jahre gekommenen und nicht mehr zeitgemäßen Hartplatzes wäre nochmals ein Entwicklungsturbo für den Fußballbereich geworden. Und er hätte auch anderen Vereinen gerade bei schlechter Witterung zur Verfügung gestanden. Leider hängt dieses Projekt in der Warteschleife.
Zum Schluss bedankte er sich recht herzlich bei allen Mitgliedern. Ohne deren ehrenamtliche Mitarbeit in den Abteilungs- und Jugendleitungen oder in anderen Funktionen würde es den Verein nicht geben. Insbesondere bedankte er sich bei denen, die sich zusammen mit Ralph Bothe um die Organisation des Festes gekümmert haben und genauso bei den Mitgliedern, die den Auf- und Abbau der Festfläche übernommen haben.
Und dann wurde gefeiert!