Hart erkämpftes Remis

In der Relegation um den Platz in der Tischtennis-Bezirksoberliga hat der ESV gegen den MTV Lichtenberg ein zwischenzeitig nicht mehr für möglich gehaltenes 8:8 erzielt.

Sonntag, 15 Uhr, die Halle der Wilhelm-Raabe-Schule ist bereits gut gefüllt, einige Eintracht-Zuschauer werden noch erwartet. Die Begrüßung zwischen dem MTV und dem ESV ist herzlich, man kennt sich lange und gut. Salzgitter stellt sich in den Doppeln taktisch auf, los geht’s. Klaus Waldhofer und Steffen Samtlebe-Fischer haben Mühe, aber sie holen den Punkt, Matthias Gärtner und Artur Wolff kommen nicht so recht aus den Startlöchern und verlieren. Dann der erste Dämpfer, Sebastian Möhrig und Andreas Exner geben nach 11:4 und 11:6 ihre Partie noch ab. Lichtenbergs Mathias Waber, in der Saison mit ausgeglichener Bilanz, ist an diesem Tag glänzend aufgelegt und entscheidet das Doppel nahezu im Alleingang. Nach den beiden Einzeln im oberen Paarkreuz sind die Schatten länger geworden, 1:3 und 0:3, die Spiele so deutlich, wie die Ergebnisse es zeigen. Klaus holt nach Rückstand sein Spiel in 5 Sätzen, einer der wichtigsten Siege an diesem Nachmittag, wie sich bald zeigen wird. Aber der Funke springt nicht über, nicht bei den Spielern und nicht bei den Zuschauern. Heimpublikum? Ein paar aufmunternde Zwischenrufe, artiger Applaus – Stimmung geht irgendwie anders! Wie Mehltau legt sich die Frage über die Halle: “Was ist denn heute bloß los?”

Vielleicht fragt sich der Eine oder Andere unterbewusst auch noch, warum überhaupt diese Relegation sein musste. 15:21 ist für einen Aufsteiger ja ein absolut achtbares Saisonergebnis. Damit liegt man nur 3 Punkte hinter dem Vierten, aber in dieser Saison leider auch 1 Punkt hinter dem Viertletzten. Trotz gutem Endspurt ist die Arithmetik einfach nicht aufgegangen.

Also ist jetzt Relegation, und dort kraulen die Felle gerade Bestzeiten. Artur kann Salzgitters Waber mit extremen Sidespin-Bällen zwei Sätze lang erfolgreich beeindrucken, aber irgendwie reicht auch das nicht zum Sieg. Steffen chanchenlos, Andreas unglücklich, zur Halbzeit heißt es 2:7. Die ersten Zuschauer verlassen frustriert die Halle, die Anderen fragen sich, wer hier wenigstens ein Debakel noch verhindern kann.

Sebastian kann! Lichtenbergs Lanuschny ist ein unbequemer Materialspieler, und Virtuosität ist ist heute nicht Sebastians Begleiter. Aber er kann kämpfen, und er kämpft fünf Sätze lang, drei davon im Tie-Break. Den Siegesschrei haben sie gegenüber in den Wohnhäusern gehört. Am Nachbartisch ist Matthias endlich in seinem Element: Topspin-Duell. Mit seinem Gegner Kris Bunke liefert er sich die vielleicht sehenswerteste Partie des Nachmittags und bringt nicht nur den Punkt, sondern erstmals auch Souveränität vom Tisch mit. In der Mitte hat es diesmal Klaus mit Mathias Waber zu tun, aber der ist an diesem Sonntag einfach nicht zu knacken. Der 8.Punkt für den TSV, ein Sieg ist nicht mehr drin. Für alle Nachfolgenden gilt damit: “Wenn ich jetzt patze, dann war’s das.” Artur spielt Technik gegen Material, 3:1 für die Technik. Steffen braucht einen Satz, bis er sich seinen Gegenüber zurecht gelegt hat, dann brennt auch ihm nichts mehr an. Schließlich muss Andreas gegen Lichtenbergs Dulm antreten, der 80 TTR-Punkte vor ihm rangiert. Auf dem Nachbarfeld machen sich schon mal die Doppel bereit, hinter ihm feuern die mitgereisten Schlachtenbummler den Gegner an und das Damoklesschwert kannst du mit Händen greifen. Möchte jemand mit ihm tauschen? Andreas tut das, was er in dieser Situation immer tut: alles ausblenden, was nicht zum Match gehört, Emotionen ordentlich in der Tasche verstauen und dann volle Konzentration aufbauen. Mit gutem Stellungsspiel und klug platzierten Bällen findet er schnell ins Spiel. Der Gegner zeigt Angriffsstärke und eine enorme Beweglichkeit, und die braucht er auch zusehends. Zwei Sätze auf Augenhöhe, dann ist es entschieden, am Ende bringt Andreas die Partie nahezu ungefährdet nach Hause. Siegesschrei? Nicht wirklich, aber der aufmerksame Beobachter vermerkt eine deutliche Bewegung um die Mundwinkel.

Nach 3½ Stunden kommt es nun also doch noch zum Entscheidungsdoppel, wer hätte das gedacht? Inzwischen liegt der Erfolgsdruck, die Fassungslosigkeit endgültig auf salzgitteraner Seite. “Warum bekommen wir diesen hohen Vorsprung nicht durchs Ziel?” Steffen ist sofort im Spiel, setzt die Bälle, stört erfolgreich. Klaus defensiv gut, die Offensive kann noch nicht überzeugen. Der erste Satz wird sicher geholt, der zweite immerhin noch im Tie-Break, der dritte geht knapp an den MTV. Banges Durchatmen auf und hinter der Bank, das haben wir heute doch schon zu oft erlebt. Aber ein kurzer Durchhänger des Gegners zu Beginn des vierten Durchgangs, endlich auch schöne Angriffe von Klaus und der Widerstand ist gebrochen. Lichtenberg kommt nicht mehr zurück ins Spiel und verliert den Satz mit 11:3.

Das waren – wieder einmal – super dramatische 4 Stunden mit Bangen und Hoffen, mit Enttäuschung und Begeisterung, mit einem überschaubaren Angebot an hochkarätigem Tischtennis, vor allem aber mit einem Happy End. Weiter geht es an gleicher Stelle am 14.05. gegen TTC Grün-Gelb Braunschweig, nachdem sich tags zuvor TTC und MTV gegenüber gestanden haben. Das Unentschieden lässt alle Optionen offen, aber es ist nur ein Platz in der BOL zu vergeben. Schauen wir mal, ob wir dann alle in der Relegation angekommen sind, am Tisch, auf der Bank und auf den Rängen. Vielleicht kann im Reformationsjahr ja sogar Martin Lutter weiterhelfen?! Tischtennis hat er nicht gespielt, aber für eine klare Ansage war er allemal gut.

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